Kommentar |
Der Süchtige war nie nur Person, sondern immer auch Sozialfigur, die in der westlichen Moderne des 19. Jahrhunderts entworfen wurde und die seitdem herangezogen wird, um die beunruhigende andere Seite der eigenen Kultur zum Ausdruck zu bringen. Unabhängig davon in welcher Weise der Süchtige seitdem beschrieben wurde, ob als Lebemann oder Haltloser, als Verbrecher oder Psychopath, als Opfer medizinischer Kunstfehler oder als ein bedauerliches Ergebnis von drogenbasierten Kriegsstrategien – stets verdichteten sich in dieser Figur neben gesellschaftlichen Ängsten und Krisenwahrnehmungen auch soziale Ordnungsvorstellungen und politische Machtstrategien. Da die rauschbedingte out-of-control-Situation Staat und Subjekt gleichermaßen in einen Ausnahmezustand versetzte, gehen wir in dem Seminar anhand verschiedener Beispiele der engen Verschränkung von persönlichen und politischen Problemlagen nach, wie sie in der Drogenpolitik seit dem 19. Jahrhundert aufscheinen. |