Kommentar |
Kurz nach dem frühen Tod Georg Büchners im Februar 1837 erscheint im Frankfurter Telegraph ein Nachruf, in dem der Autor und Publizist Karl Gutzkow Büchner „ein Kind der neuen Zeit“ nennt. Damit spielt er auf die vielfältigen Bezüge an, die Büchner in seinen Schriften zum Zeitgeschehen und der historischen Umbruchsphase des frühen 19. Jahrhunderts herstellte. So nutzte Büchner beispielsweise das Medium der Flugschrift, um in das politische Tagesgeschäft zu intervenieren und schrieb mit Dantons Tod ein Drama, das die Ereignisse der frz. Revolution in ihren Mechanismen analysiert und für die zeitgenössische Gegenwart aktualisierte. Auch das Drama Woyzeck oder die Erzählung Lenz verarbeiten und fiktionalisieren historisches Quellenmaterial über infame Figuren und Fälle. Die dokumentarische Poetik Büchners ist in der Epoche des Vormärz verankert, sie weist aber zugleich über diese hinaus, da sie Dokumentation und Fiktion in einer Weise verknüpft, die eine Reflexion auf die Bedingungen von Literarizität und Historizität selbst erlaubt. Das Seminar gibt einen Überblick über das vielseitige Oeuvre Büchners in literaturhistorischer Verortung und geht in Einzellektüren seinen literarischen Strategien im Umgang mit Zeitgeschichte und Historiographie, sowie mit Faktizität und Fiktionalität nach. |
Literatur |
Textgrundlage des Seminars ist die im Taschenbuch erhältliche Gesamtausgabe Sämtliche Dichtungen, Schriften, Briefe und Dokumente, hg. von Henri Poschmann unter Mitarbeit von Rosemarie Poschmann, Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag, 2015 (auch antiquarisch in den Ausgaben von 1992, 1996, 2006 unter dem Titel Sämtliche Werke, Schriften, Briefe und Dokumente erhältlich). |