Kommentar |
Mit dem Auftauchen des Schlagworts der 'digitalen Boheme' ist kürzlich ein Konzept künstlerischen Lebens jenseits bürgerlicher Arbeitswelten reaktualisiert worden, das erstmals im Paris des 19. Jahrhunderts formuliert wurde. Freiheit der Kunst, Ablehnung bürgerlicher Arbeits- und Sexualmoral sowie Exzessivität als Lebensstil – seit Henri Murgers Roman Boheme. Szenen aus dem Pariser Leben verbinden sich mit dem Begriff nicht nur Bilder einschränkender Armut, sondern auch das romantische Versprechen eines selbstbestimmten Lebens, das viele Künstlergenerationen des 20. Jahrhunderts geprägt hat. Nach einer Einführung in die Genese und Semantik des Begriffs 'Boheme' anhand von Texten Henri Murgers, Charles Baudelaires und Walter Benjamins setzt das Seminar zwei thematische und historische Schwerpunkte. Verglichen werden sollen literarische Entwürfe sowie Selbstbeschreibungen und -inszenierungen des frühen und des ausgehenden 20. Jahrhunderts mit Texten von u.a. Franziska zu Reventlow, Ruth Landshoff-Yorck, Judith Hermann und Joachim Lottmann. |
Literatur |
Zur Vorbereitung empfohlen: Walter Benjamin: Die Bohème. In: Ders.: Gesammelte Schriften I.2: Abhandlungen. Frankfurt/M. 1974, S. 512-536; Sascho Lobo, Holm Friebe: Wir nennen es Arbeit. Die digitale Boheme oder: Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung. München 2006; Helmut Kreu-zer: Die Boheme. Stuttgart 1968. |