Wolframs von Eschenbach Parzival ist das wohl vielschichtigste epische Werk der höfischen Kultur des Mittelalters. Der Parzival ist Artusroman und Gralsroman, er ist Orient- und Familienepos. Wolfram entfaltet eine Phänomenologie der Liebe, der Liebes- und Paarbeziehungen, er beschreibt anthropologische Grundkonstellationen und entwirft konventionelle und unkonventionelle Lebensformen. Neben christlichen religiösen Themen sind Volksreligiosität in ihren zahlreichen Abweichungen von der kirchlichen Theologie, esoterische Elemente und mythologische Substrukturen erkennbar und erkundbar. Überdies ist das Werk geprägt durch eine ausschöpfende Lektüre im ‘Buch der Welt’, dessen kosmologische Vielfalt in allen Sinnträgergattungen entfaltet wird.
Die Teilnahme am Seminar setzt detailgenaue Kenntnis des Werks voraus, eine Kenntnis, die nur durch aufmerksame mehrmalige Lektüre zu erwerben ist. Es gibt mehrere mhd./nhd. Ausgaben. Ich empfehle als Textgrundlage für das Seminar die Ausgabe:
Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mhd. Text nach der 6. Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht, mit einer Einführung von Bernd Schirok. Berlin/ New York 2003.
Der Lektürekurs widmet sich der Poetologie der Stoffaneignung. Wolfram hat sich deutlich von seiner Vorlage, dem Perceval Chrétiens distanziert, Richard Wagner distanziert sich in seinem Parsifal ebenso deutlich von Wolframs Parzival. Wagners Oper Lohengrin und sein Bühnenweihfestspiel Parsifal sind Gegenstand des Lektürekurses und sollen in Text und Musik erkundet werden und natürlich auch in verschiedenen Aufführungen, die filmisch dokumentiert sind, angeschaut werden. |